Bereich Flucht und Asyl
Als besonders schutzbedürftig gelten: Minderjährige, Menschen mit Behinderung oder psychischen Erkrankungen, Schwangere, Alleinerziehende, Opfer von sexueller Gewalt, ältere Menschen, LSBTIQ-Personen (Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle sowie queere Menschen).
Kontext
Einzelne Gruppen der Bevölkerung sind besonders verletzlich, sei es aufgrund ihrer körperlichen oder seelischen Verfassung oder wegen ihrer sozioökonomischen Situation. Auch eine große Anzahl geflüchteter Menschen gehört zu dieser Gruppe. Sie zählen im internationalen Recht zu den besonders Schutzbedürftigen.
Diese Menschen benötigen nach ihrer Ankunft in Deutschland ein höheres Maß an Beratung und Begleitung. Die Europäische Aufnahmerichtlinie gibt vor, dass nach der Aufnahme besonders vulnerabler Geflüchteter dafür Sorge getragen werden muss, die Schutzbedürftigkeit durch adäquate Verfahren festzustellen. Vor allem im Asylverfahren und bei gesundheitlicher und psychosozialer Versorgung haben sie besondere Rechte. Die Einleitung der entsprechenden Verfahren und die Umsetzung der Maßnahmen fallen neben der Beratung und Begleitung häufig ins Aufgabenfeld der Migrationssozialarbeit. Demzufolge müssen Fachkräfte in den Bereichen Migration und Integration dafür gewappnet sein, besondere Schutzbedürftigkeit zu erkennen sowie betroffene Klient*innen über ihre besonderen Rechte und Zugänge zu informieren und diese gegebenenfalls geltend zu machen.
Angebote und Themenschwerpunkte des Fachbereichs
Die zielgerichtete Unterstützung im Umgang mit besonders Schutzbedürftigen ist Kernaufgabe des Fachbereichs. Um den professionellen Handlungsrahmen der Migrationssozialarbeitenden zu erweitern, vermittelt der Fachbereich Grundlagenwissen und ausgewählte Methoden der pädagogischen Arbeit. Das Unterstützungsangebot umfasst Beratung und verschiedene bedarfsgerechte Veranstaltungsformate sowie die brandenburgweite Vernetzung mit Akteur*innen der psychischen Gesundheit. Es haben sich unter anderem folgende Themenschwerpunkte herausgebildet:
Das Land Brandenburg schuf mit der Novellierung des Landesaufnahmegesetzes sowie der dazugehörigen Durchführungsverordnung im Jahr 2016 ein Instrument, das die Migrationssozialarbeit im Land definiert und regelt. Dabei gehen die Aufgaben der Migrationssozialarbeitenden weit darüber hinaus, ihre Klient*innen unterzubringen, zu versorgen und bei ihren behördlichen Erledigungen zu unterstützen. Vielmehr zeichnet sich ihre Arbeit durch multidisziplinäre Ansätze aus, die besondere Kompetenzen sowie Rechtskenntnisse erfordern.
Besondere Schutzbedürftigkeit im Recht
Die Europäischen Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU) bildet die Grundlage für die besonderen Rechte, die sich für vulnerable Geflüchtete ergeben. Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben demnach die Aufgabe, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge zu identifizieren und angemessen zu versorgen. Dafür bedarf es Sensibilisierung, Wissensvermittlung und Austausch hinsichtlich der Anerkennungsgründe, Rechte und Abschiebehindernisse im Asylgesetz sowie zur Verankerung des Umgangs mit besonders Schutzbedürftigen im Landesaufnahmegesetz.
Traumasensibles Arbeiten und Traumapädagogik
Der Anteil der traumatisierten und damit besonders schutzbedürftigen Flüchtlinge in Deutschland wird auf 40 Prozent geschätzt. Es dauert mitunter sehr lange, bis sie in adäquate Versorgungsstrukturen gelangen. Das bedeutet auch, dass Fachkräfte der Migrationssozialarbeit psychotraumatologisches Wissen benötigen, um Traumafolgeproblematiken zu erkennen und sich dieser im Rahmen ihrer Möglichkeiten anzunehmen. Mithilfe einer bindungs- und traumasensiblen Grundhaltung sowie Kompetenzen zur Herstellung eines sicheren Ortes für eine professionelle Beziehungsgestaltung können Klient*innen stabilisiert und ihnen eine Hilfestellung zur Bewältigung ihrer traumatischen Erlebnisse gegeben werden.
Umgang mit psychisch Belasteten – Kollegiale Fallbesprechung
Unter den Fachkräften in der Migrationssozialarbeit besteht ein hoher Bedarf an kollegialem Austausch. Eine reine Wissensvermittlung zu flucht- und migrationsspezifischen Themen ist nicht ausreichend. Auch die Stärkung persönlicher Kompetenzen im Umgang mit psychisch Belasteten hat sich in der Vergangenheit als sinnvoll erwiesen. Das Intervisionsformat des FMI hat zum Ziel, den professionellen und lösungsorientierten Austausch unter Kolleg*innen anzuregen und die Migrationssozialarbeitenden somit zu entlasten. Entlang selbst gewählter Fallkonstellationen und unter professioneller psychotherapeutischer Anleitung werden verschiedene Handlungsoptionen erörtert. Durch den Erfahrungsaustausch mit den anderen Migrationssozialarbeitenden wird den Teilnehmenden die Gelegenheit gegeben, neue Strategien für ihre Arbeit zu entwickeln und der eigenen Überlastung entgegenzusteuern.
Prävention sexueller Gewalt gegen Kinder
Sexuelle Gewalt gegen Kinder nimmt zu. In den Jahren 2016 bis 2019 haben sich die Zahlen mehr als verdoppelt. Allein in Deutschland werden jeden Tag durchschnittlich 43 Fälle registriert. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein. Es gibt sie in allen Gesellschaftsschichten, unabhängig von der Herkunft. Um betroffenen Kindern helfen zu können, müssen Migrationssozialarbeitende sowie andere Fachkräfte entsprechend sensibilisiert und geschult werden. Sie müssen im Falle eines Verdachts handlungsfähig sein.